Vor etwa einem Jahr habe ich mein Zahnmedizinstudium am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf begonnen. In Hamburg studieren wir in einem integrierten Modellstudiengang, daher ist das Studium anders aufgebaut als an anderen Standorten. Ein Wechsel der Universität, etwa nach dem Physikum, gestaltet sich aufgrund des speziellen Studienaufbaus schwierig.
Ein wesentlicher Unterschied zum Regelstudiengang ist die Semesterstruktur. Der Modellstudiengang ist in siebenwöchige Module aufgebaut. Jedes Modul endet mit einer Abschlussklausur, die alle Fächer der vorherigen Wochen umfasst. Pro Modul können maximal 100 Punkte erreicht werden. Einige Punkte kann man bereits in den praktischen Kursen sammeln.
Der Fokus des Modellstudiengangs ist auf eine starke Interdisziplinarität ausgelegt. Die Fächer und Module greifen ineinander über und bilden eine fortlaufende Lernspirale. Bereits im ersten Semester ist spürbar, dass sich das Studium stark an zahnärztliche Tätigkeiten orientiert. Von Beginn an sind wichtige zahnmedizinische Fächer, wie Kieferorthopädie, Prothetik und Zahnerhaltungskunde in den Vorlesungsplan integriert. Humanmedizinische und naturwissenschaftliche Fächer ergänzen und vertiefen die Themengebiete und Lerninhalte.
Im November 2020, leicht verspätet aufgrund der Pandemie, ging es also los. Glücklicherweise konnte unsere Einführungswoche größtenteils in Präsenz und nicht, wie an manch anderen Universitäten als Onlineveranstaltung stattfinden. So konnte man sich bereits einen ersten Eindruck vom Campus machen. Das gesamte Studium findet auf dem Gelände des Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf und nicht auf dem Campus der Universität Hamburg statt. In der Einführungswoche konnten wir uns, trotz Abstandsregeln, bei Veranstaltungen inner- und außerhalb der Universität, etwas kennenlernen und erste Bekanntschaften miteinander machen. Der Start ins Studium war somit schon mal ein echter Erfolg.
Nach den ersten Einführungstagen ging es dann auch schon los. Neben den Vorlesungen fanden leider auch alle Seminare und Praktika als Onlineveranstaltung statt. Für unsere Dozenten war dies ebenfalls komplettes Neuland. Jedoch haben die Veranstaltungen, bis auf einige anfängliche technische Schwierigkeiten, insgesamt gut funktioniert.
Sich die Vorlesungen Zuhause allein vor dem Bildschirm anzuschauen ist leider das Gegenteil von einer interaktiven Vorlesung gemeinsam mit den Kommilitonen:innen im Hörsaal. Allerdings durften wir einmal pro Woche in Präsenz zu unserem Prothetikkurs erscheinen. Unsere erste Aufgabe bestand darin, aus einem pinken Wachsblock einen Zahn zu schnitzen. So saßen wir also wöchentlich die 8 Stunden Kurszeit mit unseren Wachsmessern vor unserem Zahn. Zugegebenermaßen fühlte man sich eher wie in einem Kunststudium als in einem Zahnmedizinstudium. Rückblickend war der Wachszahn allerdings eine gute Übung, um die anatomischen Gegebenheiten eines Zahnes kennenzulernen. Außerdem konnten wir so bereits unsere eigenen feinmotorischen Kompetenzen etwas einschätzen.
Weiter ging es unter anderem mit Zahnbestimmungstestaten und dem Aufwachsen eines Zahnes, sowie der Herstellung einer Schiene. Auch die Fächer der Anatomie, Histologie und Naturwissenschaften sind wesentlicher Bestandteil des ersten Studienjahres und so wurden die kursfreien Tage fleißig für Vorlesungen und Seminare genutzt.
Kurz darauf stand die erste schriftliche Klausur an. Sie war bereits Bestandteil der ersten staatlichen Prüfung - dem Vorphysikum. Im Modellstudiengang findet das Vorphysikum nicht als eine große Prüfung statt, sondern ist in die Modulabschlussprüfungen des ersten Semesters integriert.
Bevor es in die Sommerferien gehen sollte, hatten wir noch eine große Abschlussprüfung vor uns - die manuelle Fortschrittlichkeitsprüfung, die sich aus einem mündlichen und einem praktischen Teil zusammensetzt. Der Fokus der mündlichen Prüfung, die in Vierergruppen stattfand, lag auf dem Fach Prothetik. Prüfungsinhalte waren somit Themen der ersten beiden Semester. In der praktischen Prüfung wurden unsere Fähigkeiten der Zahnerhaltungskunde und Kieferorthopädie auf den Prüfstand gestellt.
Das erste Studienjahr war trotz der Einschränkungen durch Corona ein spannendes und erfolgreiches Jahr. Die praktischen Aufgaben, die wirklich vielfältig und praxisnah waren, haben mir am besten gefallen. Dadurch, dass zahnmedizinische Inhalte und praktische Tätigkeiten von Beginn an sehr präsent waren, konnte man schnell herausfinden, ob das Studium wirklich das Richtige ist.
Indem die wichtigsten Fächer der Zahnmedizin: Prothetik, Kieferorthopädie und Zahnerhaltungskunde sehr früh, sowohl theoretisch als auch praktisch gelehrt werden und mit naturwissenschaftlichen und humanmedizinischen Fächern verknüpft werden, hat man im Vergleich zum Regelstudiengang einen früheren Einblick in die praxisnahe Zahnmedizin.
Ich bin froh darüber, dass der Fokus wirklich auf dem Beruf der Zahnärzte:innen liegt und im Modellstudiengang zum Beispiel viel weniger zahntechnische Fähigkeiten gelehrt werden als im Regelstudiengang.
Im Gegensatz zum Regelstudiengang dürfen wir außerdem viel früher in den Kontakt mit Patienten:innen treten. Bereits im 3. Semester sieht der Modellstudiengang vor, dass sich die Studierenden gegenseitig „behandeln“. Natürlich sind hiermit keine invasiven Eingriffe gemeint. Wir haben gegenseitig Befunde aufgenommen und gewannen so einen ersten Eindruck vom realen Zahnarztdasein. Zusätzlich ist vorgesehen, dass Studierende bereits ab dem 5. Semester den Studierenden aus den höheren Semestern assistieren, die in der Zahnklinik ihre eigenen Patienten:innen behandeln.
Um an einem späteren Zeitpunkt adäquat mit Patienten:innen umgehen zu können, lernen wir bereits jetzt in Seminaren der medizinischen Soziologie die richtigen Verhaltensweisen für den Patientenkontakt. Zusätzlich erwartet uns in den kommenden Modulen das Fach wissenschaftliches Arbeiten. Eine weitere Besonderheit des Modellstudiengangs, die auf zukünftige Forschungs- oder Doktorarbeiten vorbereiten soll.
Trotz der Corona bedingten Umstände sowie einiger organisatorischer Schwierigkeiten bin ich sehr zufrieden mit meiner Entscheidung für den integrierten Modellstudiengang. Neben großartigen Kommilitonen:innen, ist das Studium sehr interessant, praxisnah und zukunftsorientiert.
An einigen Ecken ist jedoch bemerkbar, dass der neue Modellstudiengang noch auf organisatorische Hürden trifft. Zum Beispiel wird in der Theorie ein gewisser Zeitraum für einen Kurs eingeplant, welcher sich dann aber in der praktischen Umsetzung des Kurses als zu knapp bemessen erweist. In solchen Fällen ist die Zusammenarbeit zwischen Studierenden und Lehrenden gefragt. Jeder Kurs wird daher von uns evaluiert, sodass die Kritik seitens der Studierenden für den nachfolgenden Durchlauf umgesetzt werden kann. Wir bekommen die Chance am Feinschliff des Modellstudiengangs mitzuarbeiten und das Studium für die kommenden Jahrgänge zu optimieren.